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Text von Freitag, 25. Januar 2002


Schlagende Verbindung: "Kein und Aber"

Marburg * (sfb)
Kein Halli, aber das Galli Theater aus Giessen gastierte mit dem preisgekrönten Stück "Kein und Aber - oder deine Wirklichkeit ist wirklicher" am Donnerstagabend (24. Januar) in der Waggonhalle.
Vorlage des Theaterstücks von Johannes Galli ist der alttestamentarische Bruderzwist. In modernem Gewand lotet die Inszenierung die Tiefen dieses Konflikts psychologisch aus.
Es fängt an in der etwas anderen Wirtstube "zum toten Punkt" und endet auch da, aber ganz anders als der Anfang vermuten lässt. Ein Pärchen, wie es unterschiedlicher nicht sein könnte, trifft aufeinander.
Kein heißt der Wirt und Aber, der späte Gast. Der eine, ein richtiger Rabaucke mit grobschlächtigen Manieren und der andere, ein feinsinniger bis scheuer Brillenträger, liefern bei nur kleinsten Kontakten hochexplosiven Sprengstoff, der sich an allen möglichen und unmöglichen Themen entzündet. Der eine wünscht auf die Toilette zu gehen, der andere stellt ihm einen Eimer hin.
Die Spannung zwischen beiden entlädt sich nicht selten in wohltuenden Publikumslachern, wenn Kein auf Aber, den Lieferanten für kluge Sätze, reagiert. Kein ist stets auf dem Sprung, dem anderen eins in die Fresse zu hauen. Dies tut er auch ungeniert, während Aber gern "Schlaganfälle" provoziert.
"Du schlägst, ich werde geschlagen - ergo bin ich.", lautet so ein kluger Satz. Die Bälle, die Aber ihm verhalten zuspielt, schmettert Kein mit brutaler Härte zurück. Trotzdem ist dieser Schlagabtausch nie langweilig; es entstehen immer wieder neue komische Figuren und Variationen. Mitten im Stück steht ein Rollenwechsel an. Kein und Aber schlüpfen in die Rollen eines anderen Gegensatzpaares der Weltliteratur: Don Quichotte und Sancho Panza. Da die Rollen beiden auf den Leib geschrieben sind, bleibt alles beim alten: Kein erfrischt - nach wie vor - durch wohltuende Bodenständigkeit und Aber regt an durch seinen Ideen- und Phantasiereichtum. Nahezu zwei Stunden halten Rainer Eckard und Achim Weimer den Spannungsbogen zwischen den Extremen aufrecht. Mit schauspielerischem Geschick stricken sie einen roten Faden durch das humoreske Stück: Kein und Aber sind sich näher, als man glaubt. Schließlich ist nur die Wirklichkeit wirklicher.
Das mit dem badenwürttembergischen Kleinkunstpreis ausgezeichnete Stück, das zum Schmunzeln und Nachdenken gleichermaßen einlädt, läßt sich durchaus sehen. Gelegenheit dazu gibt es am Freitag und Samstag (25. und 26. Januar) jeweils um 20.30 Uhr in der Waggonhalle.


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