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Text von Sonntag, 28. April 2002


Monumental: Bantzer brach Rekorde

Marburg * (FJH)
"Mit dieser Ausstellung stößt das Museum an seine Grenzen", stellte Universitätspräsident Horst Franz Kern fest. Auch der für kommendes Jahr geplante Anbau werde einen so großen Ansturm kaum aufnehmen können. Zur Eröffnung der Ausstellung "Carl Bantzer - Aufbruch und Tradition" hatten am Sonntag (28. April) fast 400 Interessierte ins Ernst-von-Hülsen-Haus gefunden. In allen Räumen standen die Besucherinnen und Besucher, um dem Ereignis beizuwohnen.
Die letzte Werkschau des Marburger Malers hatte 1977 zum 450. Universitätsjubiläum stattgefunden. Zum 475. hat das Marburger Universitätsmuseum eine neue Präsentation zusammengestellt, die anschließend auch im Stadtmuseum Dresden gezeigt werden soll. An der dortigen Kunstakademie hatte Bantzer von 1896 an eine Professur inne.
Als einzigem Maler außer Otto Ubbelohde hat die Philipps-Universität Bantzer 1904 die Ehrendoktorwürde verliehen. Seine Jugend und das Alter verbrachte der Künstler in Marburg, das neben der Schwalm eine besondere Bedeutung für ihn und sein Werk besaß.
Geboren wurde Carl Banzter 1857 in Ziegenhain. Nach dem Tod des Vaters siedelte seine Mutter mit ihren Kindern 1863 nach Marburg über. Hier erhielt der junge Schwälmer erste künstlerische Anstöße.
Mit 19 Jahren nahm Bantzer ein Kunststudium in Berlin auf. Heimweh veranlasste ihn, aus der Erinnerung Stadtansichten von Marburg zu zeichnen.
Nach nur einjähriger Ehe starb seine Frau im Kindbett. Auch der Tod seines Bruders Wilhelm hinterließ Spuren. Trauer, Melancholie und Abschied ziehen sich durch Bantzers Werk wie die Motive aus seiner hessischen Heimat. Selbst auf farbenfrohen Gemälden wie dem "Schwälmer Tanz" machen die Menschen alle ein ernstes Gesicht.

[Tanz]

Carl Bantzer war ein Zweifler und Grübler. Er verabscheute Moden und Oberflächlichkeit. Deswegen ist seine Malerei auch keiner gänigen Stilrichtung zuzuordnen. Er integrierte Volkskunst, Realismus, Naturalismus, und Impressionismus mit elementen des Jugendstils. Bei alledem verstand er sich als Vermittler zwischen Tradition und Moderne.
Seine Arbeit bewältigte Bantzer sehr systematisch. So ließ er sich als Atelier eine naturgetreue Nachbildung des Innenraums der Dorfkirche von Wenkbach anfertigen, wo er dann zahlreiche Versionen des "Abendmahls" malte. Drei dieser monumentalen Gemälde sind im großen Saal des Ernst-von-Hülsen-Hauses nebeneinander aufgehängt.
Grob missverstanden fühlte sich Bantzer von den Nationalsozialisten, die seine Kunst für ihre Ideologie missbrauchen wollten. Der Mitbegründer der Künstlerkolonie von Willingshausen mochte sich mit derartigen Ehrungen auch auf seine alten Tage nicht anfreunden. Vergrämt verstarb er im Jahr 1941.

[Abendruhe]

Als sein schönstes Bild bezeichnete Bantzer selbst die "Abendruhe" aus dem Jahr 1916. Bis zum 14. Juli können sich Interessierte im Marburger Universitätsmuseum und ab dem 3. August dann im Stadtmuseum Dresden noch ein Bild von Carl Bantzer machen. Schließlich hat er selbst die Aussage eines Freundes bestätigt, dass alle seine Bilder auch ihn selber zeigen.


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