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Text von Dienstag, 13. November 2007

> k u l t u r<
  
 Abgebrochen: Wie Muff Potter Zähne zieht 
 Marburg * (sts)
"Das ist Dancefloor-Justice. Am Schluss sollt ihr alle keine Zähne mehr haben", rief Muff-Potter-Frontmann Thorsten Nagelschmidt den Fans entgegen. Eine Zuschauerin hatte sich zuvor sein Mikro geschnappt und sich bei ihrer Freundin dafür entschuldigt, dass sie ihr gerade versehentlich einen Zahn ausgeschlagen hatte. Am Ende des Konzerts der Münsteraner Punkrock-Band am Montag (12. November) im Kulturladen KFZ hatte der Rest der Zuschauer seine Beißerchen jedoch weitgehend zusammengehalten.
Für die nötige Konzert-Atmosphäre hatte schon die - ebenfalls aus Münster stammende - Vor-Band "Ghost Of Tom Joad" gesorgt. Benannt nach dem Protagonisten aus John Steinbecks Roman "Früchte des Zorns", der von Bruce Springsteen besungen und von "Rage Against The Machine" gecovert wurde, lieferte die Band vor allem mit "Learning by Dying" eingängige Indierock-Melodien mit Hit-Potential.
Auch der Band-Name "Muff Potter entstammt einer literarischen Vorlage: Muff Potter hieß der Landstreicher in Mark Twains Roman "Tom Sawyer". Der Zusammenhang zwischen Band und literarischer Vorlage ist aber sicher nicht in der Musik zu suchen. Allenfalls die für eine Punk-Band durchaus literarisch anspruchsvoll gestalteten und mehrdeutig gehaltenen Texte könnten hier als Grundlage dienen.
In manchen Liedern wie "Das halbvolle Glas des Kulturpessimismus" wird Muff Potter regelrecht poetisch: "Die Mittel schaffen erst den Zweck, wie 1.000 Liebeslieder zeigen. Und wo die Not zur Tugend wird, verliebt man sich ins Schweigen."
Ihre Musik klingt dann wie ein wütend vorgetragener "Kettcar"-Song, doch die bereits 1993 gegründeten Muff Potter haben sich ihren eigenen steinigen Weg vom Polit-Punk zum selbsternannten "Angry-Pop" gebahnt. Die ironisch-bissige und zugleich nüchtern-unpathetische Bühnenpräsenz von "Nagel" Nagelschmidt im Stile eines Punk-Schwiegersohn-Typs versinnbildlicht die Band-Entwicklung.
Wie heißt es so richtig in "Die Guten": "Wer stehen bleibt, kann rosten. Wer rennt, kann sich verlaufen."
Das scheint auch als Motto für eine Band zu gelten, die sich die Zeit zum reifen genommen und die sich ihren Erfolg hart erarbeitet hat. Man darf gespannt sein, was kommen wird. In Marburg werden die Konzerte künftig jedenfalls ausverkauft sein, ob es nun Zähne oder nur Eintritt kostet.
 
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