Text von Freitag, 5. Januar 2007
Gefahren gezeigt: Wulf erhält Peter-Becker-Preis | ||
Marburg * (atn/pm)
Höhlt die Privatisierung von Militär-Einsätzen das staatliche Gewaltmonopol aus? Mit dieser Frage hat sich der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Herbert Wulf beschäftigt. Deswegen wird er mit dem Peter-Becker-Preis für Friedens- und Konfliktforschung ausgezeichnet. Die öffentliche Preisverleihung findet am Freitag (9. Februar) um 18 Uhr in der Aula der Alten Universität am Lahntor statt. Die Philipps-Universität würdigt auf diese Weise das Werk des Friedensforschers und Experten für Sicherheitspolitik. Der mit 10.000 Euro honorierte Preis ist eine der höchstdotierten sozialwissenschaftlichen Auszeichnungen in Deutschland. Gestiftet wurde er im Jahr 2004 von dem Marburger Rechtsanwalt Dr. Peter Becker. Ziel des Preises ist die Förderung der aktiven Mitarbeit an zivilen Friedensprozessen und die Ehrung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die ihre Theorien in die Tat umsetzen. Die Preisverleihung beginnt mit einer Begrüßung durch den Universitätspräsidenten Prof. Dr. Volker Nienhaus und den Geschäftsführenden Direktor des Zentrums für Konfliktforschung, Prof. Dr. Ulrich Wagner. Folgen werden unter anderem eine Ansprache des Preisträgers und die Festrede des ehemaligen Koordinators des UN-Hilfsprogramms für den Irak, Hans-Christof Graf von Sponeck. Neben Wulfs Lebenswerk galt der - aus Mitgliedern des Zentrums für Konfliktforschung der Philipps-Universität zusammengesetzten - Jury vor allem das jüngste Buch des Friedensforschers als preiswürdig. In seinem 2005 veröffentlichten Werk "Internationalisierung und Privatisierung von Krieg und Frieden" widmet er sich einem der wichtigsten sicherheitspolitischen Probleme unserer Zeit. Seine Aufmerksamkeit gilt der Infrage-Stellung der demokratischen Kontrolle über die Streitkräfte durch die Privatisierung und Internationalisierung weltweiter Militär-Einsätze und der damit einhergehenden Aushöhlung des staatlichen Gewaltmonopols. Das auch auf Englisch erschienene Werk "Internationalizing and Privatizing War and Peace" behandle sein Thema mit großer wissenschaftlicher Stringenz und richte sich gleichzeitig an ein breites Publikum, befand die Jury. Der 1939 geborene Preisträger ist Anfang 2005 in den Ruhestand getreten. Wulf war lange Jahre als Praktiker in der Entwicklungs-Zusammenarbeit tätig und arbeitete als Wissenschaftler am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg sowie am renommierten internationalen Friedensforschungsinstitut Swedish International Peace Research Institute (SIPRI) in Stockholm. Als Gastdozent lehrte er an verschiedenen Universitäten in Deutschland, Skandinavien und den USA. In seinen Forschungsgebieten veröffentlichte er zahlreiche deutsch- und englischsprachige Bücher und Aufsätze. Unter anderem arbeitete er auf den Gebieten Rüstungskontrolle, Abrüstung, Rüstungskonversion, UN Peace Keeping, Entwicklungstheorie und internationale Beziehungen mit dem Schwerpunkt Asien. 1994 wurde Wulf zum Gründungsdirektor des "Bonn International Center for Conversion" (BICC) berufen. Bis 2001 leitete er das Institut, das sich Abrüstungsfragen und deren praktischer Umsetzung widmet. Wulf war als Gutachter und Berater verschiedener UN-Organisationen tätig, etwa für die Abrüstungsabteilung der UN (UN-Waffenregister und Kleinwaffenkontrolle), für UNDP zur Erstellung des jährlichen Berichts zu menschlicher Entwicklung (Human Development Report 1991 - 2002), für die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) und die UNESCO. Seit 2001 führt Wulf ein Forschungsprojekt zur Internationalisierung und Privatisierung von Krieg und Frieden durch. Er ist derzeit auch Berater für Rüstungskontroll-Fragen des UN-Entwicklungsprogramms in Pjöngjang, Nordkorea und Gastprofessor an der University of Queensland im australischen Brisbane. Unter anderem ist Wulf Mitglied des Stiftungsrats der Deutschen Stiftung Friedensforschung (DSF), Vorsitzender des Herausgeber-Gremiums der Vierteljahreszeitschrift Wissenschaft und Frieden (W&F), Associate Editor der Vierteljahreszeitschrift Economics of Peace and Security Journal, Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Frieden und Konfliktforschung (AFK), Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des SIPRI, der Pugwash Conferences on Science and World Affairs sowie der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) und Vorsitzender des Kuratoriums des Informationsdiensts International Security Information Service in Brüssel. Für hervorragende wissenschaftliche Arbeit hat ihm die Regierung Nordrhein-Westfalens im Jahr 2002 den Titel eines Professors verliehen. Wulf hat in Köln Betriebswirtschaft und in Mannheim und Hamburg Soziologie studiert und wurde an der Freien Universität Berlin in Politikwissenschaft promoviert. Sein Berufsleben hat er mit einer Banklehre und als Bankangestellter in Deutschland und den USA begonnen. Später war er vier Jahre Beauftragter des Deutschen Entwicklungsdienstes in Indien. Wulf habe seine Arbeit im Bereich von Konflikten, Frieden und Sicherheit nie ausschließlich als rein wissenschaftliche Tätigkeit verstanden, erklärte die Jury weiter. Er habe seine Expertise der Friedensbewegung, den Gewerkschaften - vor allem in der Frage der Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie - politischen Parteien und Stiftungen sowie in der politischen Bildung und Beratung zur Verfügung gestellt. Neben Publikationen in wissenschaftlichen Fachorganen habe er seine Forschungsergebnisse in allgemein verständlicher Form auch in zahlreichen Zeitschriften sowie in Rundfunk- und Fernsehbeiträgen veröffentlicht. Der Peter-Becker-Preis der Philipps-Universität wird für Arbeiten oder Projekte vergeben, die wissenschaftliche Erkenntnisse über die Entstehung, den Verlauf und die Bearbeitung von Konflikten vorantreiben und eine praktische Umsetzung im Sinne der Konfliktregelung ermöglichen oder durchführen. Der Preisträger wird von einer Kommission des Zentrums für Konfliktforschung vorgeschlagen. Das Präsidium der Universität, das über die Vergabe des Preises entscheidet, unterstützt den Peter-Becker-Preis als Zeichen für das zivilgesellschaftliche Engagement der Universität. | ||
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